Entwicklungsprojekt in einem 700 Jahre jungen Dorf
Im Rahmen der 37. Begegnung zwischen Praktikanten und Lehrern des Beruflichen Schulzentrums Kulmbach und der Partnerschule in Bursa/Türkei fand 2010 die Eröffnung des gemeinsam mit den beiden UNESCO-Clubs in Kulmbach und Bursa sowie den Lions-Clubs aus beiden Städten renovierten Fachwerkhauses im Dorf Cumalikizik bei Bursa statt.
Das Haus wurde 1998 mit Unterstützung des Lions-Hilfswerkes International gekauft und weitgehend in Eigenleistung von Schulen und Clubs restauriert. Diese Initiative wurde von der Stadt Bursa im Rahmen eines Agenda-Projektes mit Mitteln der EU unterstützt und von etlichen Dorfbewohnern aufgegriffen. Sie renovierten ebenfalls behutsam ihre Anwesen und bieten heute in überschaubarem Umfang gängige Dienstleistungen (Übernachtung, Bewirtung, regelmäßiger Markt) für die Besucher aus der ganzen Türkei an.
Eine im Dorf gedrehte Fernsehsendung hat den Ort landesweit bekannt gemacht.
In dem Projekthaus Cumlaikizik wurde vom UNESCO-Club Kulmbach ein Raum mit Exponaten aus dem Landkreis Kulmbach gestaltet, der Besuchern einen Einblick in unsere Geschichte, Kultur und Wirtschaft vermitteln soll. Neben diesem kleinen Museum, in dem sich in einem weiteren Raum auch die dortige Region präsentiert, bietet unser Haus auch eine Pension mit 4 Gästebetten. Der UNESCO-Club will damit einen nachhaltigen Tourismus anregen, der sein Profil aus dem zum Teil bereits sehr liebevoll und sachgerecht restaurierten pittoresken Dorfensemble sowie der angrenzenden einmaligen Berglandschaft gewinnt. Diese Idee gilt es, im Verbund mit weiteren privaten Pensionsbetreibern zu einem attraktiven Angebot auszubauen! Ziel ist, insbesondere den jungen Mensen im Dorf durch nachhaltigen Tourismus eine Lebensperspektive in ihrem heimatlichen Umfeld zu vermitteln und auf diese Weise unser gemeinsames kulturelles Erbe zu erhalten.
Das Projekt im Detail
Das Dorf Cumalikizik liegt etwa 10 km außerhalb von Bursa und besteht seit etwa 700 Jahren. Es zählt 270 Häuser, 57 davon sind besonders schützenswerte im osmanischen Stil gebaute Fachwerkhäuser.
Bei einem der Besuche in der Türkei entstand die gemeinsame Idee, den Verfall der Bausubstanz und den Ersatz durch seelenlose Betonbauten zu stoppen.
Ankauf eines Hauses in Cumalikizik
1997 wurde vom UNESCO-Club Kulmbach und vom UNESCO-Club Bursa mit Hilfe des Lions-Hilfswerkes eines der Häuser in Cumalikizik angekauft. In enger Abstimmung mit den Verantwortlichen im Dorf und der Stadt Bursa wurde ein Konzept für die Nutzung des Hauses als Jugendbegegnungszentrum und Schulungsstätte für die Bevölkerung des Dorfes entwickelt. Ziel war, insbesondere den jüngeren Bewohnern und den Frauen eine Zukunftsperspektive in ihrer Heimat zu bieten. Diese sollte in der nachhaltigen Vermarktung der Einmaligkeit des geschützten dörflichen Ensembles als kulturelles Erbe liegen. Die Alternative wäre für viele der Wegzug in die Hektik und Anonymität der nahen Großstadt Bursa gewesen.
In langen Diskussionsprozessen überzeugte ein Team von Beratern des UNESCO-Clubs unter Leitung von Oya Bozkurt die Dorfbewohner. Das Beratungsteam, in dem Mitglieder des UNESCO-Clubs Bursa und Lehrer der Tophane-Schule eine wesentliche Rolle spielten, führte Englisch-Kurse im Dorf durch und beriet über Möglichkeiten der Vermarktung der im Dorf vorhandenen Ressourcen (Handarbeiten, landwirtschaftliche Produkte, Speisen, Erfrischungen usw.).
Auswirkungen auf das Dorfleben
Als erstes Ergebnis wurde im darauf folgenden Jahr eine Kooperative gegründet, die ebenfalls ein Haus sanierte und die Anlage für ein entsprechendes Angebot an Besucher des Dorfes nutzte. Schon im Juni 1998 fand im Dorf das erste „Himbeerfest“ statt, das einen überwältigenden Erfolg brachte: 15 000 Besucher überzeugten sich vom Reiz dieses Dorfes inmitten unberührter Natur und kauften die von den Bewohnern angebotenen Produkte.
Dieser Erfolg trug Früchte: Die Stadt renovierte zwei weitere Häuser, ein landwirtschaftliches Projekt wurde begründet und andere private Hausbesitzer erkannten die sich bietenden Chancen. Sie richteten ebenfalls – unter Anleitung von Denkmalschützern – ihre Anwesen her. Diese Aktivitäten schufen Arbeitsplätze und verbesserten die Angebote für die Besucher, so dass sich im Laufe der Jahre eine solide touristische Infrastruktur entwickelte, die von einer wachsenden Zahl von Gästen genutzt wird.
Bei unseren Besuchen signalisieren Busse aus der ganzen Türkei und ein reges Markttreiben in den engen Gassen, dass die Dorfbewohner heute ihre Chancen mit Erfolg nutzen – das Dorf hat sich zum Positiven hin verändert, sehr viel ist geschehen. Ein Blick auf die Nachbarschaft zeigt jedoch auch, dass noch vieles zu tun ist!
Um die stürmische Aufwärtsentwicklung im Dorf am Ziel einer nachhaltigen kulturellen Entwicklung auszurichten, gründeten Vertreter des UNESCO-Clubs, der Schule und des Lions-Clubs 2004 ein Projekt, das aus EU-Mitteln gefördert wurde. In acht verschiedenen Kompetenzbereichen (u.a. Informationstechnologie und Qualitätsmanagement) wurden in entsprechenden Kursen die Dorfbewohner geschult und erhielten nach erfolgreichem Abschluss ihre Urkunden.
Nutzung des Hauses heute
In den folgenden Jahren wurde das Haus innen und außen renoviert. Es soll in Zukunft als Museum genutzt werden. Gezeigt wird türkische Volkskunst aus der Region Bursa und eine Präsentation der Partnerstadt Kulmbach und Umgebung. In verschiedenen Vitrinen finden sich Exponate des traditionellen Handwerks, der Industrie und Wirtschaft.
Wir danken den zahlreichen Sponsoren aus Bursa und Kulmbach und freuen uns über die Möglichkeit, mit unseren UNESCO-Clubs zur Erfolgsgeschichte dieses Projekthauses einen kleinen Beitrag geleistet zu haben.
2014: Cumalikizik und Bursa werden in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.
Nicht zuletzt durch unsere Initiative und die beispielhafte, behutsame Sanierung unseres Projekthauses erkannten auch die Stadt Bursa und etliche Dorfbewohner das historische/touristische Potential des Dorfes und bemühten sich, das traditionelle Erscheinungsbild zu bewahren. Damit war eine fruchtbare Entwicklung angestoßen, nicht mehr Verfall, sondern erfolgreiche Wiederbelebung des historischen Erbes beeindruckten künftig die Besucher. Diese Entwicklung unumkehrbar zu machen war ein Ziel der UNESCO, als sie 2014 das Dorf Cumalikizik und die Stadt Bursa in die Liste des Weltkulturerbes aufnahmen. Bursa und das nahe Dorf Cumalikizik repräsentieren den Aufbau eines städtischen und ländlichen Verbunds bei der Gründung des osmanischen Reiches im frühen 14. Jahrhundert. Bursa wurde dessen erste Hauptstadt und das Dorf Cumalikizik verkörpert das Hinterland, das der Versorgung der Metropole diente. Dokumente belegen, dass Cumalikizik zu einer Stiftung gehörte, die der erste Sultan Orhan Ghazi für seine Familie errichtet hatte.
Facebook-Stream
Es gibt auch einen Facebook-Stream in türkischer Sprache, das an dieser Stelle abgerufen werden kann: https://www.facebook.com/KupeliEv?ref=stream
Bursa and Cumalikizik: the Birth of the Ottoman Empire
This property is a serial nomination of eight component sites in the City of Bursa and the nearby village of Cumalıkızık, in the southern Marmara region. The site illustrates the creation of an urban and rural system establishing the Ottoman Empire in the early 14th century. The property embodies the key functions of the social and economic organization of the new capital which evolved around a civic centre. These include commercial districts of khans, kulliyes (religious institutions) integrating mosques, religious schools, public baths and a kitchen for the poor, as well as the tomb of Orhan Ghazi, founder of the Ottoman dynasty. One component outside the historic centre of Bursa is the village of Cumalıkızık, the only rural village of this system to show the provision of hinterland support for the capital.
Description is available under license CC-BY-SA IGO 3.0
Bursa and Cumalıkızık: the Birth of the Ottoman Empire © Ministry of Culture and Tourism
Brief synthesis
Located on the slopes of Uludağ Mountain in the north-western part of Turkey, Bursa and Cumalıkızık represent the creation of an urban and rural system establishing the first capital city of the Ottoman Empire and the Sultan’s seat in the early 14th century. In the empire’s establishment process, Bursa became the first city, which was shaped by kulliyes, in the context of waqf (public endowments) system determining the expansion of the city and its architectural and stylistic traditions.
The specific development of the city emerged from five focal points, mostly on hills, where the five sultans (Orhan Ghazi, Murad I, Yıldırım Bayezid, Çelebi Mehmed, Murad II) established public kulliyes consisting of mosques, madrasahs (school), hamams (public baths), imarets (public kitchens) and tombs . These kulliyes, featuring as centres with social, cultural, religious and educational functions, determined the boundaries of the city. Houses were constructed near the kulliyes, turning into neighborhoods surrounding the kulliyes within the course of time. Kulliyes were also related with rural areas due to the waqf system. For example, the aim of Cumalıkızık as a waqf village, meaning that it permanently belonged to an institution (a kulliye), was to provide income for Orhan Ghazi Kulliye, as stated in historical documents.
The exceptional city planning methodology is expressed in the relationship of the five sultan kulliyes, one of which constitutes the core of the city’s commercial centre, and Cumalıkızık which is the best preserved waqf village in Bursa. This methodology developed during the foundation of the first Ottoman capital in early 14th century and expanded until the middle of the 15th century.
Ein külliye ( osmanisch-türkisch : كلية ) ist ein Gebäudekomplex mit türkischer Architektur, der sich auf eine Moschee konzentriert und in einer einzigen Einrichtung verwaltet wird. Er basiert häufig auf einer waqf (gemeinnützigen Stiftung) und besteht aus einer Madrasa , einem Dar al-Shifa ( „Klinik“), Küchen, Bäckerei, Türkisches Bad , andere Gebäude für verschiedene gemeinnützige Dienste für die Gemeinde und weitere Nebengebäude. Der Begriff leitet sich vom arabischen Wort kull „all“ ab.
Das külliyye-Konzept basiert auf der frühesten Form der Moschee. Die Moschee wurde nicht nur als Gebetshaus genutzt, sondern auch als Ort zum Essen, Lehren und als Herberge für die Armen. Die Struktur des külliyye leitet sich aus einem solchen Konzept ab. Anstatt eine Moschee für verschiedene Dienstleistungen zu nutzen, wurden andere Gebäude gebaut, um sich auf die Moschee zu konzentrieren, die die spezifischen Dienstleistungen erbrachte. Die Dienstleistungen wurden erweitert und „wurden unter einem Gründungsdokument zusammengefasst, und jedes beherbergte ein eigenes Gebäude in einem Gehege“ (Goodwin, 2008). Dies beinhaltete unter anderem die Gründung von Krankenhäusern, Rechtsschulen, Vorbereitungshochschulen und einer medizinischen Fakultät.