Der Landesname Niederlande (im Plural) ergibt sich aus der Geschichte. Die Niederlande waren Ende des Mittelalters ein Teil des Herrschaftsgebietes des Hauses Burgund. 1482 gelangte das burgundische Erbe an das Haus Habsburg, das durch seine kluge Heiratspolitik seine Macht um die damalige Weltmacht Spanien erweiterte. Kaiser Karl V. und insbesondere sein Sohn Philipp II. bekämpften die von Deutschland kommende Reformation in ihren niederländischen Provinzen mit aller Härte. Der später hingerichtete Graf von Egmont (Goethe!) und Wilhelm I. von Oranien standen an der Seite der gegen die Einschränkung der Religionsfreiheit und absolutistische Tendenzen kämpfenden Rebellen gegen die spanische Fremdherrschaft. Im Jahr 1579 schlossen sich die sieben nördlichen Provinzen zusammen und gründeten die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen (Holland ist nur eine davon). Nach dem Sieg über die Spanier erlangten die Gebiete 1648 im Westfälischen Frieden ihre Selbstständigkeit. Der südliche Teil des Gebietes, inklusive Flandern, verblieb hingegen beim Heiligen Römischen Reich deutscher Nation; später entstand daraus der Staat Belgien, dessen erster König Leopold I. aus dem Hause Sachsen-Coburg wurde.
Überwältigend waren die Eindrücke der ersten Station Amsterdam, bei vielen zu Unrecht als Stadt der Kiffer und Junkies verschrien. Dieses Klischee trifft heute offensichtlich nicht mehr zu, denn der historische Stadtkern strahlt in frischem Glanz und die prächtigen Fassaden der Bürgerhäuser entlang der inneren der rd. 160 Grachten (Kanäle) zeugen vom Wohlstand dieser Stadt. Sie verdankt diesen dem Erfolg ihrer Kaufleute im 17. Jahrhundert, als die Stadt der wichtigste Hafen der Welt war und die Ost- und Westindischen Handelsgesellschaften ungeheuren Reichtum in die Stadt brachten. Schon im 13. Jahrhundert wurde an der Flußmündung der Amstel in die Nordsee ein Damm gebaut, so dass ein natürlicher Hafen entstand. Das sumpfige Umland wurde durch breite Gräben (Grachten) trocken gelegt und der Wasserstand durch Schleusen reguliert.
Amsterdam ist Zentrum der Diamantenverarbeitung und des Diamantenhandels und zählt jährlich über 4 Millionen Besucher. 175 Nationalitäten sind unter den 770 000 Einwohnern vertreten und verschaffen der Stadt ein internationales Flair. Teile der Stadt gehörten bis vor 150 Jahren zum Meer. Um Land für die wachsende Bevölkerung zu gewinnen, begannen die Holländer schon Ende des 16. Jahrhunderts, dem Meer oder Binnenseen durch den Bau von Deichen Land abzuringen. Diese Flächen nennt man Polder. Auf der Fahrt zum Beemster Polder nördlich von Amsterdam konnte das Ausmaß und die Technologie dieser Landgewinnung bestaunt werden. Zwischen 1607 und 1612 konnte mithilfe von 42 Mühlen eine Landfläche gewonnen werden, die ursprünglich ein 3,5 Meter unter dem Meeresspiegel liegendes Binnenmeer war. Heute zählt der Beemster Polder mit seiner schachbrettartigen Struktur und seiner außergewöhnlichen Geschichte zu den holländischen Welterbestätten. Er ist ein planerisches Meisterwerk und ein hervorragendes Beispiel für den Kampf der Menschen gegen das Wasser. Aus Sicherheitsgründen stehen die Häuser vielfach auf Pfählen.
Der Wasserspiegel benachbarter größerer Gewässer (Meer oder Flüsse) liegt oft über dem Bodenniveau des Polders. Darum muss das Wasser aus den Entwässerungsgräben des Polders über den Deich gepumpt werden, in heutiger Zeit zumeist mit Motorkraft, in vorindustrieller Zeit mit Windkraft. Die Technologie der Windmühlen kommt aus Asien, woher sie holländische Kaufleute von ihren Handelsreisen mitgebracht hatten. Die Kulmbacher konnten in einer zum Museum umgebauten Windmühle die im Prinzip einfache Technologie bestaunen, mit der über Jahrhunderte das Land entwässert wurde. (siehe Foto) Ein Windrad mit einer Wasserschraube erreicht eine Schöpfhöhe bis zu 1,50 m und transportiert bis zu 70 m³ pro Minute. Um tiefer gelegene Flächen zu entwässern wurden ringförmig bis zu 4 Windräder übereinander angeordnet, die das Wasser in einen äußeren Ringkanal ableiteten. Eine der größten Maßnahmen stellte die Zuiderzee nördlich von Amsterdam da.Sie war eine flache, nur 4 m bis 5 m tiefe Meeresbucht der Nordsee, die etwa 5000 km² umfasste. Durch Eindeichung ist daraus 1932 das heutige Ijsselmeer geworden, das etwa einen halben Meter unter dem Meeresspiegel liegt. In der Folge wurden Teile der ehemaligen Zuiderzee als Polder trockengelegt; sie dienen heute als zusätzliche Siedlungsfläche für diesen Ballungsraum.
Die Fahrt ging weiter nach Rotterdam, bis vor wenigen Jahren größter Hafen der Welt, mittlerweile von Shanghai überholt. Die Hafenanlagen erstrecken sich über eine Länge von 30 km! Beim Besuch der Delta-Werke wurde die Dimension deutlich, die der Kampf gegen das Wasser für die Niederlande einnimmt: Ein riesiger künstlicher Damm aus Betonteilen und Basaltbrocken schützt vor Hochwasser und Sturmfluten in der Provinz Zeeland. Die einzelnen Bauwerke der Deltawerke sind räumlich voneinander getrennt an mehreren Küstenabschnitten zu finden.
Das Leben in den Niederlanden ist geprägt vom Kampf gegen das Wasser. Auf einen gewissen Fatalismus trifft man, wenn es um die Zukunft geht: Seit der Zeit der Römer ist der Meeresspiegel in dieser Region um etwa 2 m gestiegen und die Menschen haben diese Herausforderung bewältigt. Aber wie schaut es zum Ende dieses Jahrhunderts aus, wenn als Folge des Klimawandels die Pegel weiter steigen werden?
Die zweite Hälfte des Besuches gehörte der Region West- und Ost-Flandern in Belgien, landläufig bekannt durch ihre Tuch- und Teppichmanufakturen sowie durch einen der größten Maler, Peter Paul Rubens.
Brügge erhielt 1200 das Marktrecht. Händler vom Rhein und, als die Hanse zu expandieren begann, auch Kaufleute aus Lübeck und Hamburg kamen in die Stadt, später aus Süddeutschland, Spanien und Portugal. Gegen Ende des Mittelalters war Brügge die reichste Stadt Nordeuropas. Zum Ende des 15. Jahrhunderts versandete allerdings der Fluß Zwin und schnitt der Stadt damit den direkten Zugang zum Meer ab, die führende Position der Stadt in Flandern wurde an Antwerpen abgegeben. Die auch als „Flämisches Amsterdam“ bezeichnete, von Grachten durchzogene Stadt ist in ihrer mittelalterlichen Anlage weitgehend erhalten geblieben. Dank der Tuchmacher und der Hanse besaß sie bis ins 14. /15. Jahrhundert hinein hohes Ansehen und Wohlstand. Typisch für die Region sind die Beginenhöfe, die man heute, wenn auch ohne Beginen, in flämischen Städten wie Brügge und Gent findet. Hier lebten einst adlige und einfache Frauen in Frauengemeinschaften zusammen. Sie kannten kein Armutsgelübde und unterhielten sich durch eigene Arbeit, zum Beispiel durch das Bleichen der Wäsche. Jederzeit konnten die Beginen den Frauenbund verlassen und sogar heiraten – und das unterschied sie von Mitgliedern eines Nonnenordens.
Nächste Station war die Nachbarstadt Gent in Ostflandern. Im Mittelalter wuchs Gent durch den blühenden Tuchhandel zu einer der größten Städte Europas heran. Auch das Flachs- und Leinengewerbe und das von der Stadt erworbene Stapelrecht auf Getreide trugen ansehnlich zur Wohlfahrt der Stadt bei. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, wurde Gent zu einer der ersten industrialisierten Städte auf dem europäischen Festland. Dies hatte es einem nach England gereisten Bürger zu verdanken, der von dort eine neu entwickelte Spinnmaschine in Kisten zerlegt in seine Heimatstadt schmuggelte! Neben den Beginenhöfen sind auch insgesamt 33 Glockentürme(Belfriede) in Flandern und Wallonien, dem anderen Landesteil Belgiens, in die Welterebeliste aufgenommen worden. Die meisten wurden zur Zeit der Gotik gebaut und gehören zu den bedeutendsten Profanbauten des Mittelalters. Sie wurden von den weltlichen Stadtbehörden oder den Zünften bzw. Gilden als Symbol der bürgerlichen Macht errichtet. Als sicherster Ort einer Stadt beherbergte der Turm in seinem Innern meist das Stadtarchiv, die Schatzkammer und oft auch ein Gefängnis. Darüber hinaus diente er als Wachturm.
Am letzten Tag stand Brüssel auf dem Programm: Das neu herausgeputzte Atomium aus dem Jahr der Weltausstellung 1958, der zum Welterbe gehörende Marktplatz, der als geschlossene Einheit einzigartig ist, aber auch der Baukomplex für die 78000 Beschäftigten der EU und der NATO.
Neben vielen kulturellen und historischen Eindrücken gehörten auch kulinarische Genüsse zu dieser Reise, erwähnenswert sind die fernöstliche Küche in Amsterdam, die Vielfalt der belgischen Biere und natürlich die flämischen Pralinen! Zur stärkung des Wir-Gefühls im Club trugen nicht zuletzt die schon traditionellen zünftigen Brotzeiten mit fränkischen Spezialitäten bei, die aufgrund des herrlichen spätsommerlichen Wetters alle im Freien eingenommen werden konnten und auch in der Ferne mundeten! Der Dank der Welterbe-Reisenden galt zum Schluss einer rundum gelungenen Exkursion den Verantwortlichen um Vorsitzenden Hartmut Schuberth für die vorzügliche Organisation.
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