Immaterielles Kulturerbe: Limmersdorfer Lindenkirchweih

2014 wurde die Limmersdorfer Lindenkirchweih – gemeinsam mit den Oberammergauer Festspielen – in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Der UNESCO-Club Kulmbach hat das Bewerbungsverfahren maßgeblich begleitet und unterstützt.

Im Fest und in der Überlieferung der Lindenkirchweih des Dorfes Limmersdorf im fränkischen Kulmbacher Land verkörpert sich ein jahrhundertealtes und ursprünglich weit verbreitetes Brauchtum, das heute nur noch in wenigen Orten Oberfrankens und Thüringens in seiner alten Form gepflegt wird. Im Mittelpunkt einer Lindenkirchweih steht die oft uralte, majestätisch anmutende Tanzlinde des jeweiligen Ortes. Zur jährlichen Kirchweih wird „auf“ der Linde, d. h. auf einem Tanzpodest in der weit gespannten Krone des Baumes, getanzt. Festlich gekleidete junge „Kerwaburschen“ tanzen dann mit ihren „Kerwasmadla“ Dreher und Walzer zu Tanzkapellenmusik.

Die Lindenkirchweih ist in Limmersdorf bis heute eine lebendige und den Ort maßgeblich prägende Tradition. Sie bildet den unbestrittenen gesellschaftlichen Höhepunkt des dörflichen Lebens. Das ganze Jahr über laufen die Vorbereitungen zu diesem Fest. Jeder ist mit eingebunden. Kinder wachsen in dem Bewusstsein auf, hier zu „debütieren“. Die älteren Dorfbewohner wissen zahllose Geschichten von diesen Festen zu berichten und haben nicht selten ihren Lebensgefährten bei dem Tanz auf der Linde gefunden.

Zwar gibt es noch viele Dorflinden, echte Tanzlinden kennzeichnen sich jedoch dadurch, dass ihre Äste so geleitet wurden, dass sie eine Tanzplattform – die zusätzlich durch Säulen gestützt wird – tragen können. Sie sind somit ein „Kunstprodukt“, deren Gestalt in keiner Weise dem Zufall überlassen wird. Gepflanzt wird der Baum von einem als würdig empfundenen Mitglied der Dorfgemeinschaft in der Mitte des Ortes. In den folgenden Jahren wird der Wuchs des Baumes genauestens beobachtet, die Äste des unteren Astkranzes werden waagerecht gezogen und andere Äste werden gezielt weggenommen, bis ein regelrechter „Baumsaal“ entsteht. Tanzlinden sind somit in der Regel nicht nur ein Naturdenkmal, sondern gleichzeitig auch ein Baudenkmal, das einem kulturellen Zweck, dem Kirchweihtanz, dient. Die Verbindung von Natur-, Architektur- und Kulturgut ist in dieser Form einzigartig und von weit über die Dörfer hinausgehender Bedeutung. Echte Tanzlinden finden sich heute noch in den Ortschaften Peesten, Langenstadt und Limmersdorf (Oberfranken) in Bayern sowie in Effelder, Sachsenbrunn und Oberstadt in Thüringen.

Seit mindestens 1729 wird die in Limmersdorf befindliche, 1686 gepflanzte Linde ohne Unterbrechung betanzt. Lediglich während des Zweiten Weltkrieges und während der Jahre einer grassierenden Kinderlähmung 1949 musste die Lindenkirchweih ausfallen. Für die Weitergabe des Kulturgutes an nachfolgende Generationen wird in den Orten, in denen es noch echte Tanzlinden gibt, große Sorge getragen. Vereine, Förderkreise und sich mit diesem Kulturgut eng verbunden fühlende Privatpersonen und Familien übernehmen diese Aufgabe. Schon beim Pflanzen einer Tanzlinde wird im Wurzelwerk eine „Flaschenpost“ vergraben, die kommende Generationen zur Sorge um das Fortbestehen des Lindentanzes auffordert. Mit dem Kulturgut Lindenkirchweih wird die Weitergabe eines althergebrachten Brauches mit der Sorge um das Natur- und Baudenkmal der geleiteten Linde verbunden. Der Volksmund sagt: „Eine Lnde kommt 300 Jahre, steht 300 Jahre und geht 300 Jahre“.

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